Digitale Frühförderung ja – aber wie? Medienpädagoge Wilfried Brüning plädiert für eine lebenstüchtige, nicht aber medientüchtige Welt

Gut besucht war die Aula der Realschule Tiengen am Mittwochabend. Das Ehepaar Brüning kam der Einladung des Fördervereins der Realschule nach, um vor gut 200 Zuhören über den Spagat der heutigen Jugend zu referieren: PlayStation oder Fußball spielen, WhatsApp nutzen oder chillen.

Mit einer guten Portion Humor, aber stets den Blick auf geschickt verpackte wissenschaftliche Studien, erlebten die Eltern einen ganzheitlichen Einblick über die Relevanz der digitalen Medien. Mit dem Leitthema „Zwischen zwei Welten“ wurden die „Pionier-Eltern“ als erste Generation am eigenen Leib Zeuge, mit welcher Geschwindigkeit das digitale Zeitalter sie selbst eingeholt hat!

Der Vortrag, des Öfteren von Zwischenapplaus begleitet, entwickelte sich weg von einer Einmannshow Brünings hin zu einigen lebhaften und zugleich authentischen Rollenspiele auf der Bühne. Spätestens ab diesem Moment, bei dem die Zuhörer vom hochgelobten Medienpädagoge und Filmemacher Herrn Brüning in den Vortrag gekonnt integriert wurden, wollte jeder die Rezeptur mit nach Hause nehmen:

Wie können wir die tägliche „Drecksarbeit“, d.h. die Begrenzung der digitalen Medien gegenüber den heranwachsenden Kindern, im Alltag meistern? Denn nur der, der lebenstüchtig und kreativ ist, hat die Chance, lebenstüchtig zu werden.

Anschaulich und mit viel Körpereinsatz zeigte Herr Brüning mit Hilfe von einigen Eltern auf der Bühne, wie die 100 Milliarden, 6mal um die Erde gewickelten Neuronen auf ihre Einsatzzeit warten. Aber nicht die Wischkompetenz der Schüler und Kinder als „ferngelenkte Unterhosen“, sondern stets alle Sinne sollen so lang wie möglich bei der heranwachsenden Jugend gelebt und verankert werden.

Zu guter Letzt bekamen die Eltern schließlich eine Anleitung zur Handynutzung mit auf den Weg: kein Handy vor dem 14. Lebensjahr, ein Offlineplatz für die gesamte Familie und eine Offline-Zeit zu Hause sollten am besten gleich morgen schon eingeführt werden.

Wenn das nicht von Anfang möglich ist, so Brüning, zählt nur noch durchhalten, durchhalten, durchhalten! Aber Wilfried Brüning versprach höchstpersönlich, dass die Eltern nach 4 Wochen Durchhaltevermögen von ihren Kindern jetzt erst recht als cool und einmalig angesehen werden.

Das abschließende Plädoyer nach 3 Stunden interaktivem Referat ohne eine einzige Powerpoint-Seite zielte ganz klar auf die Erkenntnis, die Kinder für die mediale Welt stark zu machen, damit sie stets Herr der Lage bleiben und sie über die digitalen Medien bestimmen, anstatt sich von ihnen bestimmen zu lassen.

(Fotos: Philipp Ebel, Realschule Tiengen)